Eiskalter Fortschritt: Der Siegeszug der T-Blade-Technologie
Auch wenn sich unsere Redaktion stets um nutzbringende, zeitlose Artikel bemüht, bleibt es doch nicht aus, dass gewisse Inhalte irgendwann nicht mehr aktuell bzw. überholt sind. Darauf wies mich die E-Mail eines Lesers hin, der kritisierte, dass unser Artikel „T-Blade oder Stahlkufen...“ leider nicht mehr zeitgemäß sei.
Besonders in Bezug auf die innovative T-Blade-Technologie hätte sich in den letzten Jahren Einiges getan, so dass es hier dringend eines Updates bedürfe. Aus diesem Grund haben wir den damaligen Artikel komplett überarbeitet und uns besonders dem Thema „T-Blade-Kufen“ ausführlich gewidmet. Dafür haben wir uns als echten Experten einen der T-Blade-Pioniere der ersten Stunde mit ins Boot geholt.
Aber erst einmal zurück zur ursprünglichen Thematik...
Das Konzept der T-Blade-Kufe
T-Blade-Kufen repräsentieren eine innovative Weiterentwicklung herkömmlicher Stahlkufen. Im Gegensatz zu durchgehenden Stahlkufen bestehen T-Blade-Kufen aus Kunststoff-Wechselmessern, die mit einem dünnen Metallband als Lauffläche ausgestattet sind.
Dieses System erlaubt einen schnellen und unkomplizierten Austausch der Messer – eine Methode, die an das Prinzip von Rasierklingen erinnert. Jedoch werden hier die Messer nicht als „Klinge“ bezeichnet, sondern als „Runner“. Diese bestehen aus rostfreiem und bruchsicherem Federstahl mit hoher Kantenhärte, was zu einer längeren Lebensdauer im Vergleich zu herkömmlichen Stahlkufen führt.
Die Flexibilität der T-Blade-Runner sorgt für einen Rückfederungseffekt, der die Wendigkeit, Kurvengeschwindigkeiten und das Beschleunigungsverhalten auf dem Eis verbessert.
Was die T-Blade-Kufen besonders macht, ist die maschinelle Herstellung der Wechselmesser. Diese präzise Fertigung ermöglicht eine Genauigkeit, die beim manuellen Schleifen herkömmlicher Stahlkufen nicht erreichbar ist. Die Aufstandsfläche und das Profil des Hohlradius bleiben konstant und exakt, was zu einer konsistenten Performance führt.
Ein weiteres Merkmal sind die thermischen Eigenschaften. Die Kombination aus Kunststoff und Metall in den T-Blade-Kufen ermöglicht eine schnellere Erwärmung der Gleitfläche, was zu verbesserten Gleiteigenschaften führt. Der isolierende Kunststoff optimiert diese thermischen Effekte zusätzlich.
Die wichtigsten Unterschiede zwischen Stahlkufe und T-Blade
Die Wartung von Stahlkufen erfordert regelmäßiges manuelles Schleifen, um optimale Gleiteigenschaften zu gewährleisten. Je nach handwerklichem Geschick des Schleifers kann dieser Prozess zu gewissen Ungenauigkeiten führen.
Im Gegensatz dazu werden die T-Blade-Wechselmesser maschinell hergestellt, was eine höhere Präzision und Genauigkeit ermöglicht. Das Ausbessern von Kantenbrüchen, die man sich mit einem Tritt auf ein kleines Steinchen oder eine Kante zugezogen hat, können hier jedoch nicht mittels eines Schliffs behoben werden. In einem solchen Fall muss die ganze Schiene gewechselt werden.
Ein weiterer Aspekt, der für die T-Blade-Kufe spricht, ist die Anpassungsfähigkeit an unterschiedliche Fahrstile und Bedingungen. T-Blade Kufen bieten eine große Auswahl an Hohlradien und Gleitflächenlängen, die es dem Benutzer ermöglichen, sein Setup je nach Fahrkönnen, Körpergewicht und Eisbedingungen anzupassen. Diese Eigenschaften machen die T-Blade Kufen besonders attraktiv für Fahrer, die akrobatische Kunststücke, auch Freestyle genannt, ausprobieren möchten.
Persönlicher Eindruck
Als mittelmäßig begabter Schlittschuhfahrer war ich gespannt, wie sich die T-Blade-Kufen fahren lassen. Da ich schon lange nicht mehr auf dem Teich Hockey gespielt habe, waren meine Fahrkünste deutlich eingerostet, daher habe ich in der Halle erst ein paar Runden mit meinen normalen Schuhen gedreht. Das nachfolgende Fahren mit der T-Blade-Kufe war eine gehörige Umstellung. Die Kufen haben ordentlich Biss und reagieren sehr direkt auf Richtungswechsel. Auch beim ruhigen Dahingleiten fühlte ich mich sehr viel wackliger als auf meinen normalen Kufen. Aber dies ist Übungssache.
Nach einer Stunde Fahrzeit hatte ich mich schon etwas an die T-Blades gewöhnt und merkte, dass sie einen etwas aggressiveren Fahrstil brauchen, damit es Spaß macht. Seltsamerweise fühlte ich mich auf diesen Schuhen bei höherer Geschwindigkeit und schnelleren Richtungswechseln sicherer als beim langsamen Rundendrehen. Mittlerweile bin ich schon ein wenig öfter mit den T-Blades gefahren und habe meinen Spaß an den spritzigen Schuhen. Als Anfänger hätten mich diese Schuhe vielleicht überfordert, aber ganz so schlimm kann es jedoch nicht sein, da ich auf dem Eis sehr viele Läufer mit den markanten T-Blades gesehen habe, die trotz schlechter Fahrkünste ihren Spaß hatten.
Hinweis: Mein Schuh hat die mittlere Standfläche (M) und einen Hohlradius von 13. Mehr zu diesen Werten nachfolgend.
Fragen an den Experten
Christian Walk (48) ist Geschäftsführer der Firma T-Blade Sports GmbH, ehemaliger Eishockeyspieler und sozusagen T-Blade-Fahrer der ersten Stunde. Für uns daher der ideale Ansprechpartner.
- Christian, wie lange beschäftigst du dich schon mit dem Konzept der T-Blade-Kufen?
Ich hatte das Vergnügen ganz von Anfang an dabei zu sein. Ich durfte die Kufen im aktiven und professionellen Eishockey benutzen und konnte somit die Entstehungs- und Erfolgsgeschichte miterleben.
- Hast du das Gefühl, dass das System sich langsam in der Eissportwelt etabliert hat?
Nein, denn es ist leider noch zu unbekannt und wird von einigen großen Firmen eher gebremst. Man muss das T-Blade-System ausprobiert haben, dann braucht man keine Verkaufsargumente mehr. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass diejenigen, die es einmal ausprobiert haben, nicht mehr zu den herkömmlichen Kufen zurückkehren. Ich sehe uns manchmal eher als den "Tuner" von Schlittschuhen: cool, individualisierbar und mit zusätzlichen technischen Vorteilen.
- Ein Blick durch diverse Foren zeigt, dass sich vor allem Anfänger fragen, ob T-Blades für den Einstieg geeignet sind. Sind sie dies?
Das stimmt, diese Frage kommt immer wieder und ich antworte mit einem klaren „Ja“. Wir haben mit ein 24 Studenten der Uni Weingarten einen Test gemacht und haben sie zuerst mit „normalen“ Schlittschuhen aufs Eis geschickt und dann mit unseren t´blades. Alle sagten mir, dass sie sich mit t´blades viel schneller und sicherer auf dem Eis bewegen konnten. Das hängt mit der Wahl der Runner zusammen. Wenn ich noch nicht so sicher bin, nehme ich einfach einen Runner mit einer langen Standfläche und einem nicht so tiefen Schliff (Radius 15 oder 18), dann verzeiht mir die Kufe so ziemlich alles und ich habe eine bedeutend bessere Stabilität und Stand auf dem Eis.
- Kann man T-Blades auch auf dem rauen Eis eines zugefrorenen Gewässers fahren?
Natürlich, ich kann die T-Blades benutzen wie jeden anderen Schlittschuh. Wenn das Eis sehr rau ist, fühlt es sich etwas anders an, jedoch ist das Eis im Freien meistens härter als in der Halle. Dann nehme ich einfach einen anderen Runner mit einem tieferen Hohlradius beispielsweise 9 oder 11 und bin den anderen wieder überlegen. Nur noch kurz zur Ergänzung: Wir waren offizieller Sponsor des deutschen Ice Cross Teams und die sind auf wirklich rauem Eis unterwegs. Wir bastelten mit den Österreichern und dem deutschen Team an einer speziellen t´blade Kufe für ihren Sport, da sie die Technologie super fanden. Leider kam dann Covid und Red Bull hat sich aus diesem Segment zurückgezogen.
- Warum sieht man beim Eishockey keine Spieler mit T-Blade-Kufen? Die aggressiven Fahreigenschaften müssten den Spielern doch zugutekommen.
Ja, dafür gibt es mehrere Gründe. Ich denke der wesentliche Grund ist, dass immer noch Vorurteile aus der Vergangenheit kursieren (die sind laut, die brechen, …), was totaler Blödsinn ist. Die Kufe gibt es mittlerweile seit über 20 Jahren und wurde zeitweise relativ viel im Eishockey gesehen. Vom Schiedsrichter bis hin zu NHL-Stars wie Jaromir Jagr oder unsere ehemaligen deutschen NHL-Stars wie z.B. Jochen Hecht, Dennis Seidenberg und Christian Ehrhoff. Letzterer rief uns vor ein paar Wochen an und fragte, ob wir ihn wieder unterstützen würden, er würde gerne wieder t´blade fahren, was wir natürlich gerne gemacht haben. Aber es gibt auch Erlebnisse, da möchte man die Hoffnung aufgeben. So ging es mir, nachdem ich in der Pre-Saison durch Kontakte bei einem NHL-Team war und die Spieler testen ließ. Die es versucht haben, fanden es auch super, jedoch gab es am Ende Probleme mit deren Sponsoren, die das nicht akzeptieren wollten, ohne dass wir die Hälfte des Sponsorings übernehmen.
- Was muss ich beim Kauf eines entsprechenden Schlittschuhs beachten?
Natürlich ist der Einsatzbereich entscheidend. Die Profis wissen sowieso genau, was sie wollen und können sich ihre Schuhe auf ihre Fahrkünste zugeschnitten personalisieren. Für den Freizeitläufer ist ein bequemer Einsteigerschuh sicherlich das Beste. Wenn ich anfange, wähle ich eine lange Standfläche und einen moderaten Hohlschliff z.B. L 15 oder L 18. Dies sind die Bezeichnungen unserer Runner.
- Aufstandsfläche und Hohlradius – was kann ich mit diesen Begriffen anfangen?
Wir unterscheiden zwischen den Standflächen S (short), M (medium) und L (long). Diese kennzeichnen die Aufstandsfläche auf dem Eis. Je länger die Aufstandsfläche, desto sicherer ist der Stand auf dem Eis. Je kürzer die Aufstandsfläche, desto wendiger ist man. Die Hohlradien gehen von 9, 11, 13, 15, 18 bis 21 und beschreiben die Tiefe des Hohlradius. Je niedriger der Hohlradius, desto schärfer ist die Kufe und desto aggressiver schneidet sie sich ins Eis. Je härter das Eis, desto schärfer sollten die Kufen sein, jedoch ist es auch für den Ice Freestyler und verschiedene Eishockeyspieler die bevorzugte Wahl.
- Gibt es T-Blade-Schuhe auch im normalen Sportfachhandel?
Ja, man kann die Schuhe in verschiedenen Geschäften kaufen, aber die Affinität zu Schlittschuhen ist im Einzelhandel nicht sehr ausgeprägt und so sind es eher die Eishockey-Shops, die unsere Produkte verkaufen. In den letzten Jahren hat sich jedoch auch hier gezeigt, dass sich die meisten Kunden auf den Onlinehandel konzentrieren.
- Gesetzt den Fall, ich bestelle meine Schuhe online – wo kann ich später dann die Runner (Messer) wechseln?
Das Schöne an unserem System ist, dass ich das selbst machen kann. Je nach Größe des Kufensystems öffne ich 5 oder 6 Schrauben, nehme den alten Runner heraus, ersetze ihn durch einen neuen und weiter geht's. Immer die gleiche Qualität durch industrielle Fertigung und damit immer der gleiche Fahrspaß. Kein Qualitätsverlust, kein Aufwand mit Schleifen und immer startklar. Die Wechselkufen bekomme ich in verschiedenen Hockeyshops, teilweise in den Eishallen und ansonsten online. Es empfiehlt sich auch, immer ein Ersatzpaar dabei zu haben, denn sowohl die Stahlkufe als auch unsere Kufen können einmal brechen. Dies passiert jedoch sehr selten.
Text und Produkttest: Stefan Mothes | Fotos (von oben nach unten): T-Blade Sports GmbH, Stefan Mothes, Pixabay, Christian Walk privat
06. Dezember 2023