Unterwegs

Reisebericht: Finnland´s Süden - Entdecke den Archipelago Trail

Ein rotes Haus vor grünem Wald in Finnland

Finnlands Seen und Inseln – Eine natürliche Oase

Finnland, offizielle Heimat des Weihnachtsmannes, ist von der Fläche her nur unwesentlich kleiner als Deutschland, mit 5,5 Millionen Einwohnern jedoch deutlich dünner besiedelt. Die meisten Finnen leben im Süden, wo sich auch Finnlands Hauptstadt Helsinki befindet. Die Bezeichnung „Land der tausend Seen“ kommt nicht von ungefähr. Finnland besitzt rund 187.000 Seen und rund 98.000 Inseln.

Als „Reisejournalist“ habe ich mir den südwestlichen Teil Finnlands angeschaut, genauer gesagt den „Archipelago Trail“, eine gerne besuchte Region mit über 20.000 Inseln und Schären. Beliebt nicht nur bei Wassersportlern und Motorradfahrern, sondern auch ein Paradies zum Wandern und Radfahren. Der Archipelago Trail selbst ist kein festes Areal oder eine Straße (wie die Route 66 in Amerika), sondern ein 160 bis 190km langes Netzwerk aus verschiedenen - durch Fähren miteinander verbundenen - Wegen und Straßen. Je nach Route kommen noch 30 bis 50km für den Übergang von einer Insel zur anderen hinzu. Auf dem Weg über die Inseln wechselt die Aussicht zwischen karger Felsenlandschaft und den saftig grünen Wiesen des inneren Schärengürtels mit Holzhäusern und rot gestrichenen Bootshäusern.

Start in Helsinki und Ankunft in Turku

Meine Reise begann in Helsinki, von wo aus ich mit einem Inlandsflug nach Turku, der sechstgrößten Stadt in Finnland, gelangte. Vom Flughafen ging es direkt in das stilvolle Hotel „Hamburger Börs“. Danach hieß es Koffer auspacken, frisch machen und ab in das Brauerei Restaurant „Koulu“. Dort erklärte uns Braumeister Teija Tuovinen-Laiho Allgemeines über den Vorgang des Bierbrauens und die Biersorten, die sie selbst produzieren. In gemütlichen Chesterfield-Sesseln hatten wir die Gelegenheit bei Nüssen und Crackern vier hausgemachte Biersorten und einen süffigen Johannisbeer-Cyder zu verkosten. Nach dem Abendessen im schicken Lokal „Mami“ ging es zu Fuß auf Entdeckungstour durch Turku. Obwohl Essens- und Getränkepreie sehr hoch sind, sah man erstaunlich viele Menschen in Cafés und Bars. Die Finnen sind ein sehr geselliges Völkchen, dies merkte ich auch beim Schlendern entlang des Kanals, an dessen Ufer fast jedes Boot ein „Partyschiff“ war. Gefüllt mit gut gelaunten Nachtschwärmern, die den lauen Sommerabend genossen. Nachtschwärmer ist vielleicht das falsche Wort, denn in diesem Breitengrad ist es im Sommer auch nach Mitternacht fast noch taghell.

Kajaktour und echte finnische Sauna in Nagu

Am zweiten Tag in Finnland ging es in das Hafenstädtchen Nagu, einer verschlafenen Gemeinde mit rund 1.400 Einwohnern. Dieser Ort war nach dem Mittag im französischen Hafenrestaurant „L'Escale“ für uns der Ausgangspunkt für eine ausgedehnte Kajak-Tour, einer sehr entspannenden Art, um die Landschaft zu betrachten und loszulassen. Für den Abend ging es ins Hotel „Nestor“ auf der Insel „Korpo“. Vom Namen her klang dies an eine typische Hotelkette. Weit gefehlt. Das Hotel war eine ehemalige, liebevoll renovierte, Scheune im finnischen Stil, mitten im Wald in einer herrlichen Landschaft gelegen. Dort überraschte uns Physiotherapeutin Marika Melkko mit dem Angebot, Massagen und Akkupunktur auszuprobieren. Der noch recht junge, aber wahnsinnig motivierte Hotelier & Küchenchef William Hellgren zauberte an diesem Abend ein Menü auf die Teller, für das „gehobene Gastronomie“ fast schon ein Understatement war. Während ich an meinem Rentierfilet kaute, freute ich mich schon auf den späteren Besuch einer echten finnischen Sauna. Vorher gab es jedoch noch einen Spaziergang durch einen Barfußpfad, der zu einer Outdoor-Kunstgalerie umgestaltet wurde. Ich hing mit Kollegen aus England und Italien noch eine Extrarunde dran, die es mir ermöglichte, am Strand herrliche Bilder der untergehenden Sonne aufzunehmen.

Nur mit Shirt und kurzer Hose bekleidet war ich dann doch etwas durchgefroren, somit bereit für die Sauna. Selbige war ein kleines Holzhäuschen, unterteilt in eine kleine Umkleide mit urtümlicher Kochnische und dem eigentlichen Saunaraum. In der Mitte gab es einen kleinen Holzofen, der die Kohle und den Raum auf Temperatur brachte. Wasser über die heiße Kohle geschüttet, ergab den aromatischen Dampf, für den die Finnen sogar ein eigenes Wort haben. Da saßen wir also in der Sauna, tranken finnisches Bier (mit dem Namen „Sauna“!) und brachten den Kreislauf durch „Auspeitschen“ mit Birkenzweigen in Schwung. Als ich zum Abkühlen vor der Hütte stand und mich in Natur und Saunastimmung verlor, war ich erneut überrascht, dass es schon wieder nach Mitternacht war. Erneut fiel ich glücklich ins Bett und schlief wie ein Stein.

Erkundung des Archipelago Trails auf dem Fahrrad

Der dritte Tag war dem eigentlichen Erkunden des Archipelago Trail gewidmet. Auf dem Rad gelangten wir in kurzer Zeit zur Fähre, die uns nach von Galtby nach Houtskär bringen sollte. Ich bin eigentlich niemand, der sich für große Maschinen und Gerät begeistern kann. Die große Autofähre, die auch eine Cafeteria besaß, fand ich jedoch sehr interessant und schlich neugierig von Deck zu Deck und genoss die kühle Meeresbrise. Nach der 30-minütigen Fahrt ging es per Rad weiter über die Insel zum „Mossala Island Resort“, einer sehr schönen Ferienanlage mit kleinen Holzhäusern, Grillplätzen, Anlegestegen und viel, viel grüner Natur. Nach einem herzhaften Mittag setzen wir unsere Radtour fort, erfreuten uns an der friedlichen Landschaften, überquerten per Fähre zwei weitere kleine Inseln, um schließlich am frühen Abend „Peterzens“ Hafenanlage zu erreichen. Jeder von uns bekam eine kleine, schilfbedeckte Hütte zugeteilt, die unsere Unterkunft für die Nacht bedeutete. Später erfuhr ich, dass diese „Hütten“ gar nicht aus Holz gebaut sind, sondern mit Holz und Schilf verkleidete Container. Ideen muss an haben. Da die Hütten zwar eine Toilette und Waschbecken, jedoch keine Dusche besaßen, nutze ich die Chance, die Gemeinschaftssauna aufzusuchen und dort nach dem Schwitzen zu duschen. Aufgrund der längeren Radtour war die ganze Gruppe am Ende angenehm müde, so dass es nach dem Abendmahl relativ früh in die Koje ging.

Handwerkskunst und Sehenswürdigkeiten in Kustavin Savipaja

Gut ausgeschlafen, gönnte ich mir in den frühen Morgenstunden einen kleinen Spaziergang durch das Hafengelände, genoss den Morgentau, den leichten Nebel über dem Wasser und das sanfte Plätschern des Wasser, verursacht durch das Schaukeln der anliegenden Boote. Nach einem umfangreichen Frühstück schwangen wir uns alle noch einmal aufs Rad und besuchten Kustavin Savipaja, ein kleines Dorf, welches sich auf echte Handwerkskunst spezialisiert hat. Keramik, Schmuck, Schmiedekunst, Näharbeiten, Kinderspielzeug und Vieles mehr. In der Töpferei (hier muss ich mal unbescheiden sein) überraschte ich durch mein Talent, beim erstem Mal Töpfern einen sehr gut gelungenen Kelch zu produzieren. Beim Erkunden des Geländes entdeckte ich neben einem alten Traktor ein recht seltsames Auto, welches sich als mobile Sauna entpuppte. Diese Finnen! Nach dem Kauf eines wunderschönen, handgenähten „Kettu“ (Fuchs) für meine Tochter, ging es mit der Gruppe zurück in den Hafen. Dort erzählte uns die sympathische Geschäftsführerin Leontina Peterzen mehr über ihr Familienunternehmen und die Historie der Anlage, die vor mehr als 30 Jahren nur aus einer verrückten Idee ihres Vaters bestand.

Abschluss in Naantali – Moomins und Präsidentenresidenz

Nach etwas Sonnenbaden ging es wieder aufs Wasser. Die M/S Aavatar beförderte uns in einer dreistündigen Seefahrt durch das Inselreich in das romantische Städtchen Naantali. Die Altstadt begeisterte mit ihrem Charme und dem bunten Treiben rund um den Hafen. Beim Dinner, also Abendessen, im Restaurant „Snickari“ hörten wir uns mit Interesse die Geschichte des Ortes an, der nicht nur die Sommerresidenz des Präsidenten beherbergt, sondern auf einer Nebeninsel auch Wohnstädte der „Moomins“ ist. Die Moomins sind eine Reihe von trollartigen Comicfiguren, die in Finnland fast schon abgöttisch verehrt werden. Anscheinend auch in Asien, denn im Restaurant trafen wir ein japanisches Pärchen, welches soeben im Moomins-Vergnügungspark den Bund der Ehe gefeiert hatte. Da es der letzte Abend in Finnland war und wir wirklich eine coole Reisetruppe waren, verbrachten wir den Abend noch im Außenbereich des Restaurants „Merisali“ bei finnischem Gerstensaft, Cyder, je Menge Lacher und einer Coverband, die von Queen bis zu Modern Talking alles aus der Oldietruhe hervorholte.

Der letzte Tag begann leider etwas regnerisch, aber da wir die Gegend um Naantali mit dem Bus erkundeten, war dies nicht weiter schlimm. Gerne hätte ich das riesige Anwesen des Präsidenten von innen gesehen, aber der Rest der Gruppe outete sich als wasserscheu, somit musste ich mich der Mehrheit beugen. Dafür hatten wir noch Zeit, um den Moomin-Souvenirshop zu besuchen und uns dort mit allerhand Kitsch auszustatten. Mit dem Bus ging es dann zurück zum Start unserer Reise, nach Turku. Die dortige Markthalle war ein Traum und es machte wirklich Spaß durch die Gassen an den detailverliebten Ständen vorbei zu schlendern. Da am ersten Tag meine Kamera streikte, setze ich mich noch schnell auf einen Sprung in die Brauerei ab, um Fotos zu schießen und mit einem kleinen Bierchen auf Finnland und seine Bewohner anzustoßen. Erneut führte unser Weg nochmal am Kanal vorbei und anschließend in die mächtige Kathedrale der Stadt. Ein Mittagessen, welches aus frisch gefangenem Lachs bestand, war dann leider der Abschluss einer kurzen, aber traumhaften Reise.

Finnland ist kein preiswertes Reiseland, aber trotzdem eine Reise wert. Die Finnen sind sehr gastfreundlich und aufgeschlossen und ich hatte das Gefühl, dass die Leute dort lieber ihr Geld in soziale Aktivitäten als in Luxusgüter oder Statussymbole stecken. Neben der finnischen Sprache, spricht ein Teil der Bevölkerung auch Schwedisch. Die meisten Finnen haben zudem sehr gute Englischkenntnisse. Dies liegt teilweise auch daran, dass viele Filme nicht ins Finnische übersetzt werden, sondern in englischer Sprache mit finnischen Untertiteln laufen. Als Tourist ist ein gutes Englisch ausreichend. Um Finnisch auch nur ansatzweise zu lernen, braucht man Jahrzehnte. Was mir übrigens noch aufgefallen ist: Schlechtgelaunte Gesichter habe ich in Finnland genauso wenig gesehen, wie den üblichen Dreck, Graffiti-Geschmiere und omnipräsente Werbeplakate, wie es leider bei uns schon als normal wahrgenommen wird. Daran kann sich der Deutsche eine Scheibe abschneiden. Bedanken möchte ich mich bei meinen netten Mitreisenden aus England, Frankreich, Italien und Deutschland. Ganz besonders bei unseren finnischen Gästeführern Marianna Miettinen, Matilda Åberg und James Simpson.

Weiterführende Links:

Fluglinie Finnair: www.finnair.com
Finnland-Tourismus: www.visitfinland.com
Fähren und ihre Fahrpläne: www.ferry.fi

Fotos & Text: Stefan Mothes

13. September 2024

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