Geduld, Geduld - es ist niemals kurz vor Zwölf
Kennt ihr das: „Herr, gib mir Geduld, aber bitte ganz, ganz schnell…“. Man erkennt, dass gewisse Dinge einfach ihre Zeit brauchen, aber am Ende geht doch alles zu langsam. Kein Wunder. Von allen Seiten bekommen wir suggeriert, dass wir schneller arbeiten müssen, schneller informiert sein müssen, schneller ans Ziel kommen müssen. Geduld wird mit Trägheit, Faulheit oder mangelndem Ehrgeiz gleichgesetzt. Also prügeln wir mit der stumpfen Axt auf den Holzklotz ein, ohne uns die Zeit zu nehmen, die Axt vorher zu schleifen. Kostet ja Zeit, oder? Zeit, die wir angeblich nicht haben.
Auch im Sport findet man diese kollektive Ungeduld und deren destruktive Folgen. Übertraining, Verletzungen, Frust, Aufgabe und ein ständiges Wechseln der Trainingsmethoden resultieren daraus. Auch der Konsum von Steroiden ist ein Auswuchs mangelnder Geduld. Oder Intelligenz…
Nicht erst seit Einstein wissen wir, dass Zeit relativ ist. Oft überschätzt man, was man in ein paar Monaten erreichen kann, unterschätzt aber gleichzeitig, was man in ein oder zwei Jahren tun kann. Von heute auf morgen passiert gar nichts, außer dass die Sonne unter- und wieder aufgeht. Sicherlich gibt es viele Gründe, warum alles sofort passieren muss, warum nichts warten kann. Aber mal ehrlich: Es ist niemals kurz vor Zwölf. Am Ende geht es doch nur darum, das Ziel zu erreichen.
Auch wenn es nicht zur Nachahmung empfohlen ist, schildert das Beispiel vom Michel Lotito sehr eindrucksvoll, was man mit vielen kleinen Schritten erreichen kann. Der Franzose mit dem Spitznamen „Monsieur Mangetout“ verspeiste über die Jahre u.a. ein Leichtflugzeug vom Typ Cessna 150, von dem er jeden Tag kleine Stücke abfeilte und konsumierte. Wer dieselbe „Feile“ bei seinen Zielen ansetzt und diese in „leicht verdauliche“ Teilziele zerlegt, hat die besten Chancen ohne Frust und Burn-out erfolgreich zu sein und die Ungeduldigen zu überholen.
23. Dezember 2020