Der Nutzen von Knie-, Ellenbogen- und Handgelenkbandagen im Krafttraining
Wer sich für Kraftsport- und Bodybuilding interessiert, kennt sicherlich das Video, in dem der legendäre Ronny Coleman zwei Wiederholungen Kniebeugen mit 360kg absolviert. Kurz bevor er zu diesem Kraftakt ansetzt, sieht man, wie er seine Knie mit breiten Bandagen umwickelt – eine Technik, die häufig auch bei Wettkämpfen im Powerlifting / Kraftdreikampf, zu sehen ist. Doch was erhoffen sich diese Athleten von der Nutzung der Bandagen? Schließlich steht das Knie beim Heben schwerer Gewichte keiner äußeren, direkten Aufprallbelastung gegenüber, wie es etwa beim Handball oder Volleyball der Fall ist. Was also ist der Sinn von Bandagen und wie werden sie sinnvoll eingesetzt?
Die Funktion des Kniegelenks
Das Kniegelenk verbindet den Oberschenkelknochen mit dem Schienbein und ist von Sehnen, Bändern und Knorpeln umgeben, die für Stabilität und Beweglichkeit sorgen. Diese Struktur ermöglicht Bewegungen wie Beugen und Strecken. Das Knie hat aber auch eine stoßdämpfende Funktion, indem es bei Bewegungen Stöße auf den Knorpel abfedert.
Bei schweren Beinübungen wirken enorme Kräfte auf das Kniegelenk. Vor allem in der tiefen Beugephase kommen das Körpergewicht, das Gewicht der Hantel sowie die muskuläre Spannung zusammen und erzeugen eine hohe Kompressionslast. Diese vertikalen Kräfte, die bis zum Dreifachen der Gesamtlast betragen können, drücken das Kniegelenk nach unten, während gleichzeitig die Kniescheibe stark gegen den Oberschenkelknochen gepresst wird. Zusätzlich wirken Scherkräfte, wenn das Knie in einem tiefen Winkel gebeugt wird, wodurch die Menisken horizontal belastet werden. Noch extremer ist die Belastung beim Gewichtheben, bei denen sich der Athlet unter die beladene Hantelstange „duckt“ und in die tiefe Hocke fallen lässt.
Mögliche Verletzungen und Schäden
Bänderverletzungen: Insbesondere das Kreuzband und die Seitenbänder sind während schwerer Übungen starken Zug- und Drehkräften ausgesetzt. Ein plötzlicher Bewegungswechsel oder das Verdrehen des Knies können zu Zerrungen oder Rissen führen. Bänderrisse erfordern oft eine aufwendige Heilung und nicht selten eine Operation, gefolgt von einer langen Rehabilitationszeit. Eine der schwerwiegendsten Verletzungen im Kniebereich ist der Riss der Patellasehne. Diese Sehne verbindet die Kniescheibe mit dem Schienbein und spielt eine entscheidende Rolle bei der Streckung des Beins. Ein vollständiger Riss erfordert eine operative Behandlung und führt zu einem monatelangen Rehabilitationsprozess, da die Streckfunktion des Beins komplett wiederhergestellt werden muss. (Anmerkung des Autors: Im Januar 2015 erlitt ich selbst einen Riss der Patellasehne. Mehr zum Unfall und dem Danach siehe hier)
Patellaspitzensyndrom: Diese Überlastungsverletzung betrifft die Kniescheibensehne und wird durch wiederholte Beugung und Streckung verursacht. Vor allem bei schwerem Training oder ungewohnten Intensitäten kann diese Sehne entzündet werden.
Meniskusverletzungen: Der Meniskus ist für die Abfederung der Gelenkkräfte verantwortlich und hilft, das Knie zu stabilisieren. Durch wiederholte Belastung kann es zu Einrissen oder Abnutzungen kommen, die zu Schmerzen und einer eingeschränkten Beweglichkeit führen.
Knorpelschäden und Arthrose: Übermäßige Belastungen und eine langfristige Überlastung des Knies können den Knorpelverschleiß beschleunigen und zu Gelenkabnutzung führen. Ohne ausreichende Regeneration kann sich daraus schmerzhafte Arthrose entwickeln. Knorpelschäden sind oft irreparabel und führen zu langfristigen Einschränkungen in der Beweglichkeit.
Die Wirkungsweise von Kniebandagen
Kniebandagen dienen der Stabilisierung und Stützung. Sie bestehen meist aus elastischen Materialien wie Neopren oder einem strapazierfähigen Baumwoll-Elastan-Gemisch, die das Knie eng umschließen und so die Beweglichkeit unterstützen, ohne die Durchblutung einzuschränken. Kniebandagen bieten Kraftsportlern gezielte Stabilisierung und Schutz, indem sie Druck auf die umliegenden Strukturen ausüben. Diese Kompression entlastet Bänder und Sehnen, was besonders bei tiefen Kniebeugen und hohen Lasten wichtig ist, da das Risiko für Instabilität und Verletzungen hier besonders hoch ist. Durch den leichten Druck verbessern Bandagen zudem die Propriozeption – also das Körpergefühl – und helfen dabei, die Knieposition besser zu kontrollieren und Fehlbelastungen zu vermeiden.
Die Vorteile von Kniebandagen im Überblick
Stabilisierung und Schutz vor Überlastung: Durch den straffen Sitz sorgen Kniebandagen für zusätzliche Stabilität. Dies hilft, unerwünschte Bewegungen und Scherkräfte zu minimieren.
Wärme und Durchblutungsförderung: Die Materialien der Bandagen fördern die Durchblutung und halten das Kniegelenk warm. Eine verbesserte Durchblutung unterstützt die Muskelaktivierung und kann das Risiko von Muskelverletzungen verringern.
Erhöhte Eigenwahrnehmung (Propriozeption): Bandagen verstärken die Sensibilität für die eigene Körperhaltung und Bewegung. Diese verbesserte Eigenwahrnehmung hilft, die Ausführung der Übungen zu kontrollieren und Fehlbewegungen zu vermeiden, die das Verletzungsrisiko steigern könnten.
Druckentlastung und Dämpfung: Kniebandagen üben sanften Druck auf das Knie aus und wirken so wie eine „Schutzschicht“, die die Gelenke entlastet und eine Abfederung der Bewegungen unterstützt. Dadurch wird der Druck auf den Meniskus und die Kniescheibe gemindert.
Vermeidung von Gelenkverschleiß: Langfristig können Kniebandagen dazu beitragen, die Gelenkbelastung zu verringern und so einem übermäßigen Verschleiß des Knies vorzubeugen.
Mentale Unterstützung: Kniebandagen geben ein sicheres Gefühl und mehr Vertrauen in die Bewegung. Für viele Kraftsportler ist das entscheidend, denn bei schweren Gewichten kann schon ein kleines Unsicherheitsgefühl die Bewegung beeinflussen.
Arten und Anwendung
Neopren-Bandagen: Diese verbreitete Art hält das Knie warm und steigert die Blutzirkulation, was die Regeneration fördert. Sie bieten eine mittlere bis starke Stabilisierung und sind einfach über das Knie zu ziehen.
Wickelbandagen: Diese werden um das Knie gewickelt und nach Bedarf in ihrer Festigkeit angepasst. Wickelbandagen bieten sehr starke Unterstützung und werden oft in Powerlifting-Wettkämpfen eingesetzt. Allerdings benötigen sie etwas Übung in der Anwendung und erfordern mitunter einen Trainingspartner zum Anlegen.
Weitere Bandagen für Kraftsportler
Ellenbogenbandagen bieten wertvolle Unterstützung bei Druckübungen wie z.B. Bankdrücken, Schulterdrücken (egal ob Lang- oder Kurzhantel) oder Dips. Handgelenkbandagen empfehlen sich ebenfalls bei schweren Grundübungen wie Bankdrücken, Schulterdrücken oder Frontkniebeugen. Sie verhindern ein Abknicken des Handgelenks und stabilisieren die Gelenkstellung, wodurch sie das Handgelenk entlasten und vor Überdehnungen schützen. Auch bei Ellenbogen- und Handgelenkbandagen gibt es verschiedene Materialien, von flexiblen Bandagen bis hin zu starren Varianten, die maximale Stabilität geben.
Hinweise zur Nutzung
Bandagen sollten nicht dauerhaft getragen werden, da sie die Muskulatur und die Eigenstabilität der Gelenke entlasten. Sie sollten nur gezielt bei hohen Belastungen oder in intensiven Trainingsphasen eingesetzt werden. Für Sportler, die nicht an Wettkämpfen teilnehmen und daher keine maximalen Lasten bewegen, sind Neoprenbandagen die bessere Wahl, da sie einfacher zu handhaben sind. In jedem Fall ersetzen sie nicht das Erlernen der richtigen Technik und eine saubere, konzentrierte Übungsausführung.
Fazit / Persönliche Meinung
Stabilisierende Bandagen sind eine sinnvolle Anschaffung für Sportler, die in ihrer Kraftleistung fortgeschritten sind und Wert auf die Gesundheit ihrer Gelenke legen. Für Sportler, die bereits Verletzungen in der Vergangenheit erlitten haben oder feststellen, dass ihre Gelenke nicht mehr so geschmeidig arbeiten, sind sie ein Muss. Zumindest Kniebandagen sollten neben einem Gewichthebergürtel und Gewichtheberschuhen zur Grundausstattung eines jeden Kraftsportlers gehören.
Leider habe ich selbst (trotz oben erwähnter Verletzung) jahrelang ohne Kniebandagen schwer gehoben und sie immer als „Spielerei“ abgetan. Inzwischen bin ich schlauer und benutze sie regelmäßig. Zusammen mit meinen Gewichtheberschuhen geben sie mir Sicherheit und helfen mir, jede Kniebeuge sauber und konzentriert auszuführen. Dadurch ist auch die Motivation für die in letzter Zeit oft als unbequem empfundene Kniebeuge wieder da.
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Hinweis: In unserem Artikel haben wir diese Art der Bandagen „Ellenbogenbandagen“ genannt.
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Hinweis: Diese Empfehlung ist nicht an eine Werbekooperation und anderweitige Gegenleistung gebunden.
Fotos: Peter Scholze, Stefan Mothes
18. November 2024