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Interview: Jan Benzien

Jan Benzien

Seit 1998 ist Jan Benzien im Kanuslalom deutsche- und internationale Spitze. 15 harte Jahre Leistungssport haben ihn nicht müde gemacht, ihm nicht den Biss, die Motivation und den Spaß geraubt. Im Gegenteil. „Super Plus“, wie ihn seine Freunde nennen, ist hungriger als je zuvor. Und stärker. Just vor wenigen Wochen feierte der 30-Jährige seinen größten Triumph als Einzelsportler. Noch vor dem amtierenden Vize-Olympiasieger Sideris Tasiadis erkämpfte sich der Leipziger sensationell den Europameistertitel im Canadier- Einer. Doch Jan Benzien ist trotz aller Erfolge er selbst geblieben und hat es nicht versäumt, auch privat die Weichen auf Erfolg zu stellen. Im PULSTREIBER Interview erzählt uns der zweifache Familienvater, wie er die verpasste Olympia-Quali im letzten Jahr überwand, wie er Training und Privatleben geschickt unter einen Hut bringt, wie seine Strategie für die nächste olympische Runde aussieht und vor allem auch, welche Perspektiven sich nach dem Sport für ihn eröffnen.

Kanu-Slalom ist sicherlich nicht unbedingt die erste Sportart, die man als Kind ausprobiert. Wie bist du zu diesem ausgewöhnlichen Sport gekommen?
Wer oder was hat dich motiviert? Meine älteren Geschwister und sogar früher mein Vater waren Slalom-Kanuten, da hatte ich keine andere Wahl, und dann wollte ich schnell besser sein als meine Geschwister. Aber der Hauptmotivator war und ist der Spaß am Paddeln und vor allem am Wildwasser paddeln.

Ist Kanu-Slalom ein teurer Sport?
Es geht. Das Material kostet gut 2.000 Euro, aber unser Verein ist da aktuell gut ausgestattet, so dass zumindest der Nachwuchs Material zu Verfügung gestellt bekommt. Ich bin in der komfortablen Situation, dass ich gute Verträge mit Ausrüstern habe.

Kannst du uns kurz die Regeln beim Kanu- Slalom erklären?
Eine Strecke von ca. 270 Metern mit 18 bis 25 Toren muss so schnell wie möglich befahren werden. Der Schnellste gewinnt. Berührt man jedoch ein Tor, bekommt man zwei Strafsekunden, bzw. fährt man ein Tor gar nicht, sogar 50 Strafsekunden. Was macht einen guten Kanuten aus? Dass er mit viel Gefühl und Spaß fährt. Es gehört relativ viel Talent dazu und dann natürlich viel Training, welches viel Ehrgeiz, Durchsetzungsvermögen und Disziplin abverlangt.

Wie trainiert ihr?
Wir trainieren in der Regel zwischen zwei und vier Trainingseinheiten am Tag. Zweimal Paddeln, sowie Lauf und Kraft. Im Winter paddeln wir, bis der Fluss zugefroren ist. Wenn wir nicht im Kanupark trainieren, haben wir unser Bootshaus in Leipzig, wo wir viele Grundlagen erarbeiten. Wie gut sind deine Trainingsbedingungen in Leipzig? Die Bedingungen sind super, wir haben ein neu saniertes Bootshaus und die beste Wildwasserstrecke in Deutschland. Mit dem Olympiastützpunkt Leipzig, dem IAT und der Sportschule sind wir sehr gut aufgestellt.

Kanu-Slalom ist ein Einzelsport? Gibt es trotzdem eine Art Kameradschaft und ein Miteinander unter den Kanuten?
Ich fahre ja auch noch Zweier und da muss ich mich mit meinem Partner gut verstehen. Ansonsten sind homogene Trainingsgruppen wichtig, um sich weiter zu entwickeln, um am Ende international erfolgreich zu sein. Daher haben wir im Kanu-Slalom ein sehr gutes Klima.

Wie hast du es geschafft, über den Zeitraum von über zehn Jahren ein Spitzenniveau zu halten? Ist nicht irgendwann mal die Luft raus?
Nach meiner Niederlage im letzten Jahr, als ich mit 0,34 Sekunden Olympia verpasst habe, war die Enttäuschung sehr groß. Durch meine gestartete Zweierkarriere habe ich neue Motivation bekommen und jetzt das Ziel Olympische Spiele 2016 im Einer- und im Zweier-Canadier.

Welche Sportler, die du in deiner sportlichen Laufbahn kennen lernen konntest, haben dich selbst fasziniert?
Bei den Spielen 2008 durfte ich mit Dirk Nowitzki ins Stadion einlaufen. Dirk ist schon ein großartiger und bodenständiger Sportler, wobei der Boden aus seiner Perspektive sehr weit unten ist. Ansonsten haben mich einige Sportler im Kanu-Slalom wie Michal Martikan, der mit 16 Jahren 1996 Olympiasieger wurde und noch immer die Weltspitze bestimmt, fasziniert.

2008 hast du dir dein Olympiaticket erkämpft, 2004 und 2012 leider die Quali verpasst. War es für dich bitter, zu sehen, wie dein nationaler Konkurrent Sideris Tasiadis sich die Silbermedaille erkämpft hat?
Kommt da nicht mal der Gedanke „…das hätte ich auch packen können…“? Sicherlich ist es bitter, nach so viel Arbeit nicht zu den Spielen zu fahren und ja, wir waren von unserer Leistung gleich auf, aber Sideris hat echt Nervenstärke und eine super Form zu den Spielen bewiesen, da ziehe auch ich meinen Hut (Helm) vor dieser Leistung!

Wie groß sind in deinem Sport überhaupt die Abstände in der Weltspitze? Oder ist auf diesem Level alles nur Tagesform?
Dadurch, dass wir auf Wildwasser fahren, haben wir sehr viele Faktoren, die das Ergebnis beeinflussen können, aber die Weltspitze kann schon einmal nur Hundertstelsekunden trennen.

2016 strebst du eine zweite Olympiateilnahme an. Zu diesem Zeitpunkt bist du 34 Jahre alt. Ist dies ein Alter, in dem beim Kanu-Slalom schon die Uhr tickt?
Na, 34 Jahre passt noch, der amtierende Olympiasieger ist auch in dem Alter. Durch die Technik und das Wildwasser ist auch viel Erfahrung gefragt, aber eines scheint sicher: Ich werde keine Birgit Fischer oder Michael Schumacher. Bevor ich 40 Jahre alt bin, höre ich auf.

Was kommt nach dem Leistungssport?
Ich habe BWL studiert und organisiere schon zwei Veranstaltungen, den ALVARA Firmen- Rafting Cup (Firmen-Incentive) und den Sparkassen Paddle&Run (Jedermann-Duathlon), wenn es nach meiner sportlichen Karriere in diese Richtung geht, freue ich mich.

Du hast das Glück, eine Lebensgefährtin zu haben, die nicht nur denselben Sport betreibt, sondern in ihrer aktiven Zeit ebenfalls sehr erfolgreich war. Wie habt ihr euch kennengelernt?
Wir waren im gleichen Verein und dann zusammen in der Nationalmannschaft und dann hat sich das so ergeben mit Mann und Frau! Wie sehr bestimmt der Sport euren Alltag? Der Sport, Sponsoren und das öffentliche Leben sind neben unseren zwei Kindern, jeden Tag an der Tagesordnung, da Mandy bei der IKK-classic auch mit ähnlichen Partnern zu tun hat, wie ich im Sportmanagement.

Ist es vorprogrammiert, dass eure beiden Söhne in eure Fußstapfen treten?
Der Große spielt gerne Fußball, aber er ist mit mir auch schon in Australien die Olympiastrecke von 2000 herunter gepaddelt und das macht ihm auch Spaß. Uns beide hat der Leistungssport im Kanuslalom sehr positiv für das Leben geprägt, daher wünschen wir uns, dass die Jungs zumindest diese Werte, die der Sport vermittelt, auch erfahren.

Foto: Jochen A. Meyer, www.pixxpress.com

24. September 2013

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