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Westfield Super Seven

Westfield Super Seven

Die britische Sportwagen Manufaktur Westfield Sportscars Ltd. wurde 1983 durch Chris Smith gegründet, der sich 1982 eine Replik seines Lieblingssportwagens gebaut hatte und danach von anderen Liebhabern mit Anträgen für eben solche Nachbauten überschüttet wurde. Die Firma spezialisierte sich schnell auf den Nachbau des Super Seven Vorbildes, dem „Lotus Seven“. Alle Fahrzeuge werden immer noch in Handarbeit produziert und weltweit über ein Netz von Händlern und Vertriebspartnern verkauft. Wegen der steigenden Nachfrage expandierte das Unternehmen mehrmals und produziert seit 1991 in Kingswinford. Westfield entwickelte sich zu einem der ersten Automobilhersteller von kleinen, leichten und superschnellen Sportwagen.

Aus der Ferne in den Osten

Eine dieser kleinen „Zigarren“ fand 2012 über private Kanäle den Weg nach Sachsen und wurde bis Mitte 2017 sehr aufwendig und umfangreich restauriert. Auf technischer Seite wurden dem 1992 gebauten Super Seven für seinen 2-Liter-Motor von Ford zwei Doppel-Vergaser von Weber mit offener Ansaugung spendiert. Nach Motorenoptimierung (kontaktlose Zündung, Kent-Nockenwelle, Zylinderkopfbearbeitung…) konnte dadurch die Basisleistung von 115 PS auf (geschätzte) 140 PS erhöht werden. Auch das Viergang-Getriebe bekam einen weiteren Gang spendiert. Selbstverständlich wurde auf ESP, ABS und sonstige elektronischen Helferlein wie Bremskraftverstärker und Servolenkung verzichtet. Passend zum unverfälschten Motorsportfeeling gesellt sich das verstellbare SPAX-Fahrwerk, dessen sportliche Härte und geringe Seitenneigung ebenfalls zur Einzigartigkeit des sportlichen Exoten beitragen.

Liebevolle Restaurierung

Besonders die Aufbereitung der Karosserie erforderte viel handwerkliches Geschick und Ideenreichtum. So wurde der Body bei einer Spezialfirma im Erzgebirge komplett neu laminiert und in originalen Farbtönen lackiert. Zeitgenössische Instrumente und Cockpitschalter wurden genauso liebevoll in Szene gesetzt, wie die Innenverkleidung und die neu bezogenen Ledersitze mit Originalprägung. Herausgekommen ist ein spartanischer, unverfälschter Roadster, der den Charme historischer englischer Sportwagen versprüht und den man einfach nicht übersehen kann. Runde Stielaugen, lange „Schnauze“, Stummelheck, seitlicher Auspuff, abgesetzte Radkästen und Überrollbügel. Der Westfield ist schlicht und einfach ein Charaktergesicht, wenn man ihn vermenschlichen würde. Auch sonst ist an diesem Wagen einfach alles etwas anders. Lenkrad rechts, Blinker neben dem Lenkrad als Kippschalter und eine Motorhaube, die sich über vier Klapphaken komplett herausnehmen lässt. Auch die sehr schmale Fahrgastzelle verrät, dass dieser Wagen garantiert andere Anforderungen an seinen Piloten stellt.

Nur für Zwerge gemacht?

Bereits als Beifahrer - ich bin 1,87 m groß - hatte ich das Gefühl mich in einen Tunnel zu zwängen. Meine normale Hüftbreite minus links und rechts zwei Zentimeter - so empfand ich die Platzverhältnisse. Das Sitzen glich eher einem Liegen. Anders jedoch hätten sich meine Augen oberhalb der der Windschutzscheibe befunden, was durch den Fahrwind unerträglich geworden wäre. Auch sonst ging es sehr luftig zu. Beängstigend, aber gleichzeitig Motorsport pur, war die niedrige Straßenlage. Man sitzt förmlich auf der Straße und kann an einer roten Ampel durchaus den Boden berühren. Dementsprechend direkt nimmt man jede Kurve, jede Fahrbahnbeschaffenheit war. Der kleine Motor röhrt erstaunlich kräftig und zaubert dank niedrigem Fahrzeuggewicht sehr, sehr ordentliche Fahrleistungen auf die Straße. Allerdings sollte man sehr geübt mit dem Gaspedal umgehen, da das Heck sonst sehr schnell nach außen schiebt und zu diesem Zeitpunkt kann es schon zu spät sein.

Nachdem ich mir Hände und Ohren gewärmt hatte und mich seelisch-moralisch vorbereitet hatte, musste ich feststellen, dass ich auf dem Fahrersitz meine Beine kaum unter das Lenkrad bekam. Durch die kleinen Pedale hatte ich zudem massiv Probleme den Gasfuß zur Bremse zu führen. Verbunden mit dem ungeschliffenen Fahrverhalten und der Tatsache, da ich erstmals einen Rechtslenker fuhr, war ich alles andere als entspannt. Zumindest war mir nicht mehr kalt, denn ich war angespannt, hochkonzentriert und der Fahrspaß tat das Übrige. Beim Westfield Super Seven wird jede Lenkbewegung direkt umgesetzt, die Schaltung ist präzise und knackig. Auch der Motor hing gut am Gas und zeigte sich sehr drehfreudig. Sicherlich hätte ich hier gerne etwas mehr auf die Tube gedrückt, aber wie erwähnt, wäre das in Bezug auf die Bremsproblematik unverantwortlich. Generell verlangt diese Art von Sportwagen eine etwas längere Eingewöhnungszeit.

Purismus pur

Ich kann wohl sagen, mit diesem Auto die wohl puristischste Form des Sportwagens kennen gelernt zu haben. Es geht schon eine Faszination von diesem Auto aus. Zu sehen, wie sich die Vorderräder in der Kurve bewegen, wie sie in Schlaglöchern einsinken, der Lärm des Auspuffs, der sich ebenfalls in Griffweite befindet. Und da ist natürlich noch die Beschleunigung, für die moderne Sportwagen locker das Dreifache an Pferdestärken benötigen. Weniger ist manchmal mehr. Zwar gibt es den Westfield Super Seven auch als Version „Widebody“ mit mehr Innenraumbreite, aber was bleibt, ist trotzdem Motorradfahren auf vier Rädern. Dies muss man lieben oder man hasst es.

Technische Daten

Motor: 4-Zylinder Ottomotor
Leistung: ca. 140 PS (nach Motorenoptimierung)
Hubraum: 1.998 ccm
Beschleunigung: 0 auf 100 km/h in ca. 5 Sek.
Höchstgeschwindigkeit: ca. 190 km/h
Antrieb: Heckantrieb
Leergewicht: 575kg
Marktwert: 19.600 Euro (Wiederherstellungswert: 25.000 Euro)

Fotos: Stefan Mothes, Richard Schwarz

26. Oktober 2023

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